Inklusion-Konzept

Ansprechpartner: Herr Furmanski, Frau Anton, Herr Fuest

Inklusion rückt die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Lernenden in den Mittelpunkt und begreift Vielfalt als Chance für Lern- und Bildungsprozesse [1].

Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist für Deutschland seit 2009 rechtlich bindend. Der Artikel 24 garantiert das Recht auf inklusive Bildung und fordert dazu auf, behinderten Kindern den Besuch einer Regelschule zu ermöglichen. Dies stellt die Schullandschaft in ganz Deutschland vor große Veränderungen. Neue Wege werden beschritten, ein völlig neues Denken ist von Nöten. Bei allen Beteiligten erfordert es ein beherztes Maß an Offenheit, Flexibilität, Innovation und Anstrengung.

Die Schulministerien aller Bundesländer arbeiten am Aufbau einer funktionierenden Infrastruktur, sowohl auf der rechtlichen Ebene als auch auf der Ebene der konkreten Umsetzung.

Auch unsere Schule, das Gutenberg Gymnasium, wirkt an diesem Prozess aktiv mit und ist sich seiner Verantwortung bewusst. Wir möchten allen Kindern und Jugendlichen die Teilhabe an unserer Schulgemeinschaft und den Zugang zur höheren Bildung ermöglichen, unabhängig von physischen oder psychischen Beeinträchtigungen. Wir stehen im regelmäßigen Kontakt mit der Bezirksregierung und möchten gemeinsam den neuen Herausforderungen innovativ begegnen. Wir als Schulgemeinschaft möchten ein gemeinsames Miteinander in Vielfalt leben und tragen zur Umsetzung der UN-Konvention bei und möchten diese weiterentwickeln und intensivieren.

Dabei kann das Gutenberg Gymnasium auf eine längere Geschichte mit positiven Erfahrungen zurückblicken, in der wir stets bemüht waren, Kinder und Jugendlichen mit körperlichen Beeinträchtigungen den Schulbesuch an unserem Gymnasium zu ermöglichen. Seit einigen Jahren bereits ist unsere Schule eine, im engeren Sinne, barrierefreie Schule, die es dank dem Einbau moderner Aufzüge an zentralen Stellen ermöglicht für körperlich beeinträchtigte Schülerinnen und Schüler sämtliche Orte und Räume des Schulgebäudes zu nutzen.

Seit 2011 stellt sich das Gutenberg Gymnasium auch der Herausforderung, den der Schulbesuch von gehörlosen Schülerinnen und Schülern bedeutet. Neben dem gemeinsamen Lernen mit körperlich beeinträchtigten Schülern (motorisch und kommunikativ/sprachlich), nehmen auch Schülerinnen und Schüler mit sozial-emotionalen Beeinträchtigungen seit 2012 aktiv an unserem Schulleben teil. Dabei sind wir uns den großen Herausforderungen und den neuen Aufgaben bewusst und wir reagieren auf unterschiedlichen Ebenen auf diese.

In einem konstanten Kontakt mit der Bezirksregierung in Form von Gesprächen, Informationsveranstaltungen und Fortbildungen informieren wir uns über und reagieren wir auf neue rechtliche Bedingungen und möchten an diesen in unserem möglichen Rahmen mitwirken. Hier gehen wir offen und neugierig den Weg für eine neue rechtliche Infrastruktur, damit Inklusion ein tragfähiges rechtliches Konzept erhält und es im schulischen Alltag implementiert werden kann. „Inklusion vor Ort“, das heißt in unserem Kontext eine inklusive Schule, erfordert ein Schulentwicklungsprozess, d.h. es betrifft nicht nur einzelne Schülerinnen und Schüler, eine intensivierte Diagnostik oder veränderte Unterrichtsformen.

Unsere Schule setzt gleichzeitig an verschiedensten Punkten an, um langfristig ein funktionierendes Konzept aufzubauen und zu praktizieren. So wird unser Kollegium verstärkt durch Kolleginnen und Kollegen aus dem Förderschulbereich, die uns unterstützen und mit denen wir gemeinsam neue Wege beschreiten und vor allem formen. Gemeinsam im Team reagieren wir auf neue Aufgaben, die sich in der alltäglichen Unterrichtssituation und in der Schulgemeinschaft allgemein ergeben. Regelmäßige Treffen, ein reger Austausch zwischen den Fachkollegen, Teambesprechungen sollen helfen auf neue, dem „klassischen Gymnasiallehrer“ vielleicht unbekannte Unterrichtssituationen professionell und effektiv zu reagieren und zu einem dauerhaften Konzept für eine nachhaltige Entwicklung als inklusive Schule zu gelangen. Denn letztendlich bedeutet eine inklusive Schule einen gemeinsamen Prozess der Qualitätsentwicklung.

Dabei sind wir uns bewusst, dass dieser Prozess im Unterricht beginnt. Neue aber vor allem differenzierte Lern- und Lehrformen müssen zum einen intensiviert und zum anderen Eingang finden, um alle Kinder und Jugendliche in der Lerngruppe zu erreichen. Individuelle Förderung und Binnendifferenzierung sind entscheidende Punkte in der Planung eines gelungenen inklusiven Unterrichts, der allen Bedürfnissen gerecht zu werden versucht. Hier setzen wir auf die innovativen Kräfte und das pädagogische Wissen sowie auf die Aufgeschlossenheit unseres jungen Kollegiums.

Wenn man die unterschiedlichsten Ansatzpunkte zur Umsetzung einer inklusiven Schule zusammenfasst, kann man auch von einem Mehrebenen-Modell sprechen. Im Zentrum stehen natürlich die Kinder und Jugendliche mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen. Angepasster, inklusionsorientierter Unterricht, eine gelungene Teamarbeit, ein aktives Schulleben und die Hilfe unterschiedlichster Unterstützungssysteme tragen zur erfolgreichen Inklusion bei. Eine erfolgreiche Entwicklung zur inklusiven Schule kann nur gelingen, wenn an eben all diesen Ebenen innovativ und offen gedacht und gehandelt wird. Das Gutenberg Gymnasium möchte zur erfolgreichen Inklusion betragen und arbeitet auch in Zukunft auf allen Ebenen, damit eine Weiterentwicklung das gemeinsame Lernen und Leben in einer Schulgemeinschaft stärken kann.

Gemeinsamer Unterricht (GU)

Das Gutenberg-Gymnasium fördert zurzeit Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die das Bildungsziel des Gymnasiums erreichen können und unterrichtet diese nach den Richtlinien und Lehrplänen des Gymnasiums (zielgleiche Förderung). In jeder Jahrgangsstufe ist die Bildung einer GU-Klasse möglich, in der die SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam unterrichtet werden. Die Aufnahme von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf erfolgt zwar durch Zuweisung, jedoch in enger Abstimmung mit der abgebenden Grundschule und nach Rücksprache mit den Eltern. Dabei wird jeder Einzelfall hinreichend beraten, um eine erfolgreiche Förderung möglich zu machen. Es gibt keine grundsätzliche Einschränkung der Förderschwerpunkte; die räumlichen Gegebenheiten ermöglichen Barrierefreiheit (Aufzug, Fachräume erreichbar, behindertengerechte Toilettenanlagen)

Die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nehmen am normalen Unterricht der Klasse teil und erhalten eine ihrem Förderbedarf und Förderschwerpunkt entsprechende zusätzliche Förderung durch eine sonderpädagogische Lehrkraft. Zusätzlich ist das Gutenberg-Gymnasium mit externen Beratungsstellen der Stadt Bergheim vernetzt. Hier ist insbesondere der Kontakt mit den ansässigen Schulpsychologen zu nennen. Zudem steht allen Schülerinnen und Schülern das Beratungsteam für eine individuelle Beratung zur Verfügung.

Innerhalb der GU-Klasse ist das Soziale Lernen ein wesentlicher Aspekt der Arbeit. So sollte der Unterricht in einer Arbeitsatmosphäre stattfinden, in der Wertschätzung, Vertrauen, aber auch Ordnung und Disziplin erfahrbar werden und für die Erhaltung dieser Grundwerte gesorgt wird.

Der Einsatz der Sonderpädagogen im Gemeinsamen Lernen

Der Einsatz der Sonderpädagogen kann sehr unterschiedlich sein und richtet sich individuell danach, was nötig und vor allem auch möglich ist. Sie können entweder unterstützend im Unterricht dabei sein oder sie bieten für einzelne Schüler/innen oder Kleingruppen Förderung an. 

Darüber hinaus sind die Sonderpädagogen beratend tätig und übernehmen Teile der Elternarbeit. Zur beratenden Tätigkeit gehört u.a. auch die Beobachtung von Schülern/innen in anderen Klassen und, bei Bedarf, eine weitergehende Diagnostik. Hierdurch kann festgestellt werden, ob ein/e Schüler/in evtl. Förderbedarf hat, der bisher noch nicht erfasst wurde, damit die Eltern zeitnah einen AO-SF-Antrag (Antrag auf sonderpädagogische Unterstützung) stellen können.

 

Das Arbeitsfeld

  1. Schüler mit Lernschwierigkeiten/Problemen in der Arbeitsorganisation

 Unterrichtsprinzipien

    1. Beziehungsqualität und Lernklima (Fehler sind normal, Wertschätzung, Empathie, Beziehungsgestaltung auch im Konfliktfall, die Würde des Schülers bleibt unangetastet)
    2. Effektive Klassenführung (Regeln festlegen und verbindlich machen, unmittelbar reagieren, weitere Sanktionen mit zeitlichem Abstand aussprechen)
    3. Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen (häufige Misserfolgsorientierung → geeignetes (mittleres) Anspruchsniveau ermitteln, wenn möglich kooperative Förderdiagnostik
    4.  Strukturierung (klare deutliche Formulierungen, einfache Sätze, klare zeitliche Vorgaben mit Timern, Uhren, usw. als Hilfsmittel, klar begrenzte Arbeitsphasen, Phasen der Entspannung)
    5. Vielfältiges Üben und Anwenden (Vermittlung kognitiver Strategie des Wiederholens, des Übens, des Ordnens, des Verknüpfens)
    6. Dosierte Anbahnung selbstgesteuerten Lernens (Fertigkeiten vermitteln: Arbeitstechniken, Lernstrategien, Kommunikation, Kooperation + personale Fähigkeiten vermitteln: realistisches Selbstkonzept, Motivation, Frustrationstoleranz)
    7. Direkter Unterricht (SuS brauchen ein höheres Maß an Instruktionen als Methoden des selbstgesteuerten Lernens → Balance zwischen selbstgesteuertem Lernen und expliziter Instruktion
      Direkter Unterricht: Lehrer gesteuert, kleinschrittig, einschleifende Vermittlung (z.B. Vorführung einer Strategie wie „Schlüsselwörter im Text markieren“)
      Aber: kein „Eintrichtern“ möglich, Schüler entscheidet letztlich motivationsbedingt (Einflussfaktoren: Eigeninteresse, individuelle Sicht auf die Bedeutung des Lerngegenstandes, Angst vor Gesichtsverlust, Beziehung zum Lehrer, usw.) ob er die Informationen in sein kognitives Netzwerk integriert oder sie vorbeirauschen lässt) 
    8. Individuelles Fördern:
      • Inhaltlich: vorrangig grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten in den Kulturtechniken und Hauptfächern fördern – auch in der SEKI noch häufig z.B. Uhrenlesen, Schleife binden, Schwimmen, Benennen von Raum- Lage- Beziehungen
      • Zeitlich: Lernprozesse vorbereiten, Vorwissen schaffen (hochwirksam!), zeitnah begleiten (personale Hilfen), „Nachhilfe“ (aber: häufig demotivierende Wiederholung)
      • Organisatorisch: äußere Differenzierung (wenn nötig, z.B. zur partizipatorischen Vermittlung von Vorkenntnissen oder in Krisensituationen)
        Ein inklusiver Unterricht favorisiert allerdings Formen der inneren Differenzierung, die angemessene Lernhilfen unterrichtsimmanent anbietet (z.B. modifiziertes Arbeitsmaterial, vereinfachte Texte und Aufgabenstellungen, Verkürzungen, Zeitzugaben, personale Hilfen, Visualisierungen, etc.)
Grundsätzlich brauchen Schüler mit besonderem Förderbedarf keine andere Art von Unterricht. Sie sind aber in höherem Maße auf einen hochwertigen und individualisierten Unterricht angewiesen.

 

  1. Schüler mit herausforderndem Verhalten

Die Ursachen sind vielfältig und von Kind zu Kind unterschiedlich (z.B. Traumata, Angststörungen, kindliche Depression, AD(H)S, Entwicklungsverzögerungen, Erziehungsdefizite, Überforderung, Störungen aus dem Autismus Spektrum, …).

Wichtig ist die Grundhaltung, mit der man dem Schüler begegnet, denn oft ist es schwer, professionelle Distanz zu wahren und sich emotional nicht einfangen und provozieren zu lassen.

Mögliche Schritte:

    1. Im Umgang mit dem Schüler: gute Bindung aufbauen (Kontinuität), eine klare zugewandte und transparente Haltung, erwünschtes Verhalten wertschätzen, emotionale Beteiligung bei Konflikten reduzieren, dran bleiben und erwünschtes Verhalten immer wieder einfordern, Ziele vereinbaren und besprechen, wie man sie erreicht (mit klar operationalisierten Teilzielen arbeiten), Hilfestellungen geben (Verhaltensverträge, Tokensysteme, Smileylisten), Selbst- und Fremdreflexion/Feedbackkultur, eigene Überforderung vermeiden: sich Hilfe holen und sich beraten lassen
    2. In der pädagogischen Arbeit mit der Klasse: klare, transparente, den Bedürfnissen der Schüler entsprechende Strukturen, Rituale, regelmäßige Bewegungsangebote, Regeln für die Gemeinschaft erarbeiten (s. kollegiale Absprachen)
    3. In der Elternarbeit: regelmäßige Kommunikation, keine Vorwurfshaltung (professionelle Gesprächsführung), Ursachen und Ressourcen klären, Eltern als Bildungs- und Erziehungspartner einbeziehen (zumindest versuchen)
    4. Das kann das Kollegium leisten: (kooperative) Förderdiagnostik, Fallgespräche → Kommunikation organisieren, Strukturen schaffen (Regeln, Zeitkonzept, Anspannung- und Entspannungsphasen, Absprachen), konzeptionell arbeiten, Hospitationen, Fortbildungen, Teamsupervisionen 
    5. Im Umgang mit Fachdiensten: Beratungsmöglichkeiten nutzen („Pädagogisches Zentrum“, Schulsozialarbeit, Schulpsychologischer Dienst, Kinder- und Jugendpsychiatrie, themengebundene Beratungsstellen wie Suchtberatung, Missbrauchsberatung, etc., „Runde Tische“ organisieren, wenn möglich Teilnahme an Hilfeplangesprächen (HPG), Absprachen protokollieren, bei „schwierigen“ Gesprächspartnern zweite anwesende Person hinzuziehen
Bitte die einzelnen möglichen Schritte und Maßnahme nicht als Punkte einer Checkliste verstehen. Nicht alles kann „abgearbeitet“ werden.

 

[1] Deutsche UNESCO-Kommission e.V.