Vergangenheit zum Greifen nah, dank der kleinen Kammer! -Eine Woyzeck-Rezension

Laut, packend, gefühlvoll, überraschend, dramatisch, mitreißend – eine gelungene Umsetzung des alten Klassikers „Woyzeck“ im Horizont-Theater in Köln.

Die textgetreue Inszenierung wirkte uns zwar aufgrund unserer recht
ausführlichen Kenntnis über das besagte Drama vertraut, doch ließen uns auch leichte Abwandlungen mehrmals aufhorchen und uns weiter in das Drama eintauchen. Obwohl man eigentlich wusste, was als Nächstes geschieht, konnte man sich nicht gänzlich sicher sein, denn die Inszenierung des Horizont-Theaters hielt einige Überraschungen bereit.
Grandios war der Einsatz der Stimmen aller Schauspieler. Die Art, wie sie sich in ihre jeweilige Rolle hineinversetzten, ermöglichte regelrecht das Eintauchen in die damalige Situation als wäre man selbst dort gewesen. Dieses Gefühl wurde ebenso durch den Einbezug des Publikums verstärkt, denn auch die Zuschauer wurden
eingebunden. Durch vermehrtes Ansprechen, vor allem durch den Tambourmajor in einer der Szenen nach seiner Auseinandersetzung mit Woyzeck, wurde sein aufdringlicher Charakter exzellent dargestellt. Eine geschickte Taktik, denn so hatte das Publikum etwas zu lachen und jeder wurde mitgerissen, da es durchgehend fesselnd und interessant gestaltet war.
Ein weiterer wichtiger, ausschlaggebender Faktor für das Gelingen des zuvor Beschriebenen war der Ort, an dem das Drama aufgeführt wurde. Der kleine Raum bot gerade genug Platz für die ca. vier Deutsch-Kurse, die am heutigen Tag anwesend waren. Da sich nach oben und zur Seite wenig nutzbarer Raum befand, wurde hauptsächlich der etwas größere Platz in der Mitte genutzt, wodurch die Stimmen umso lauter aufgenommen werden konnten und die Inszenierung einen deutlich stärker gepackt hat.
Ebenso besonders gelungen war die letzte Szene, welche im Wirtshaus stattfand. Diese wurde so abgeändert, dass Woyzeck sich in der Mitte der Bühne befand und die anderen Schauspieler um ihn herumgingen, während sie seine markanten Gedanken immer wieder wiederholten. Man spürte regelrecht Woyzecks Wahnsinn. Es schien so, als wäre man der Einzige, der Woyzeck verstehen konnte, weil er von niemandem sonst für voll genommen wurde und ihm stattdessen das Leben zur Hölle gemacht wurde.
Eine hervorragende Inszenierung geprägt von Überraschungen, Humor und der Stimme als stärkstem Element.

 

Hanna R. (Q1)